Von Schuld und Kornblumen

Die Schlacht ist geschlagen, der Wahlkrimi beendet, die Schicksalswahl entschieden – egal, welche pathetische Bezeichnung man verwenden will, der Sieger steht fest. Die Ängste vor Norbert Hofer und seinem Kurs wurden medial erfolgreich aufgebauscht („Sie werden sich noch wundern, was der Bundespräsident alles kann“… Mein Gott, wo mir DER Satz inzwischen steht…).Anti-Hofer-Demos wurden organisiert, bei der letzten „F*ck Hofer“-Demo (ernsthaft!!) war die Phalanx an Medienvertretern fast höher als die Teilnehmerzahl selbst (die Angaben schwanken zwischen 100 und 200 Teilnehmern). Dennoch ließ man die „Neue Linkswende“ problemlos am 2. Adventeinkaufssamstag durch die Wiener City krawallen. Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht, eh schon wissen. Dass man eine solche „Veranstaltung“ bei der blauen Gegenseite vergeblich gesucht hat, sagt meiner Meinung auch einiges über Fairness aus…

Nachdem sich auch noch viele namhafte Vertreter der Kunst- und Kulturbranche für Van der Bellen aussprachen (Conchita Wurst, Michael Niavarani, Hans Söllner, Tobias Moretti, Christoph Waltz…), braucht einen eigentlich nicht erstaunen, was weiter passierte. Die Krönung übernahm dann noch Rainhard Fendrich, indem er seine inoffizielle Österreich-Hymne „I am from Austria“ Van der Bellen für den Wahlkampf zur Verfügung stellte.

Mini-Demo gegen Hofer: 5 Anzeigen

Quelle: http://www.oe24.at, © Facebook

Dieses Grüppchen sorgte für größtmöglichen Schaden (Bild: APA/HANS PUNZ)

Quelle: http://www.krone.at, Foto: APA/Hans Punz

Die Wiederholung der Stichwahl vom 04.12. bestätigte folgerichtig ihn als unseren neuen Bundespräsidenten: Dr. Alexander Van der Bellen.

Vorgestern fiel mir noch ein besonderer Auswuchs auf Twitter ins Auge, der die irrsinnigen Blüten, die der Wahlkampf trieb, recht gut wiederspiegelt…

 Zum besseren Verständnis: In der österreichischen Tageszeitung „Kronenzeitung“ findet man Gesundheitstipps vom Kräuterpfarrer Benedikt unter der Rubrik „Hing’schaut und g’sund g’lebt“. Sein Beitrag in der Ausgabe vom 03.12. trug den Titel „Das Fundament des Haares – die Kornblumen festigen und stärken es“. Im Weiteren erfährt man, wie man eine Haarspülung daraus herstellt. So weit, so gut. Da gibt es aber ernsthaft Menschen, die glauben, die „Krone“ hätte den Kornblumenbeitrag als subtile Wahlempfehlung veröffentlicht… (Die Kornblume wird traditionell von der FPÖ bei besonderen Anlässen, z.B. Angelobung im Nationalrat, im Knopfloch getragen. So wie die SPÖ eben eine rote Nelke und die ÖVP eine weiße Rose trägt). Ich frage in die Runde: Hat euch der Kräuterpfarrer Benedikt mit seiner Haarspülung dazu inspiriert, quasi erleuchtet, wo ihr das Kreuzerl am Stimmzettel zu machen habt??? Also mich nicht, sorry. Aber ich weiss jetzt, dass Kornblumen seit 1938 auf immer und ewig pfui zu sein haben, auch schon etwas.

Wer meinen Beitrag „Gedanken zur Bundespräsidentenwahl…“ gelesen hat, weiss, dass das nicht die Richtung ist, die ich mir für Österreich gewünscht habe. Ja, ich bin enttäuscht. Und mit mir 1.928.530 Menschen in Österreich, die ihre Stimme Ing. Norbert Hofer gegeben haben. Und eigentlich wollte ich keinen weiteren Beitrag dazu mehr schreiben, denn es ist die Mehrheit, die entschieden hat, und das ist zu akzeptieren. So funktioniert Demokratie. Dachte ich jedenfalls. Dann las ich gestern morgen folgende Schlagzeile:

Die Mitglieder der Autonomen Antifa Wien kritisieren die Hofer-Wähler.

Quelle: http://www.heute.at, Foto: autonome antifa

Es handelt sich hierbei um eine Aktion der Autonomen Antifa Wien, die gerne auch als „linke Aktivisten“ bezeichnet werden. Die Wähler Norbert Hofers, also halb Österreich, werden somit pauschal als Nazis beschimpft.

Das geht jedoch noch besser:

Österreich du mieses Stück Scheiße! 46% Hofer – WTF?! – Wir bleiben dabei: No 💖 for a nation! #bpw16 #antifa #fcknzs #fckfpö #noracism #nonation #noborders #nofascism.

Quelle: Instagram

Allerdings wird auch der neu gekürte Bundespräsident gleich verunglimpft als „gemäßigter Nationalist“, der „mit den Rechten einen Diskurs suchte“.  Die Stellungnahme zum Schluss lautete folgendermaßen: „Für eine herrschaftsfreie, solidarische Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung! Österreich abschalten!“.

Österreich ein Stück Nazi-Scheisse, das abgeschalten gehört. Wie tickt jemand, der so etwas von sich gibt? Und gleichzeitig von sich behauptet, so unglaublich menschenfreundlich zu sein? Kann mir jemand den Unterschied sagen zwischen linksextremen Terroristen, die „Deutschland verrecke“ brüllen und sich lautstark eine Wiederkehr von Bomber Harris wünschen, und rechtsextremen Terroristen, die vor Asylunterkünften randalieren? Ich wage zu behaupten: Es gibt keinen. Für mich sind beide Gruppierungen verachtenswert. Wenn es der Antifa wirklich um Toleranz ohne Unterschiede ginge, müssten solche Aufrufe und Aussagen gerade von ihnen undenkbar sein.

Woher kommt der Hass der Gruppierung auf alles, was unsere Vorfahren für uns aufgebaut haben? Warum drücken wir uns in alle Ewigkeiten einen „Schuldig“-Stempel auf die Stirn für Taten, die keiner von uns mehr mitverantwortet hat? Das mit der Erbsünde sehen wir inzwischen ja auch ein wenig lockerer. Dass ein Säugling die Schuld von Adam und Eva geerbt haben soll, kommt uns merkwürdig vor. Dass derselbe Säugling ein Leben lang verantwortlich und schuldig sein soll für die Taten seiner Großväter, ist hingegen normal.

Ich sage es hiermit laut und deutlich: Ich werde immer versuchen, das Meinige dazu beizutragen, dass sich die Vergangenheit nicht wiederholt. Und ja, das geht, auch wenn man freiheitlich gewählt hat. Aber ich bin NICHT SCHULDIG für die Taten meiner Großväter, Urgroßväter und der davor. Genauso wenig bin ich deswegen heldenhaft, weil sie es waren. Ich bin ich im Hier und Heute. Und wenn ich Norbert Hofer wähle, dann, weil ich von ihm überzeugt bin, und nicht weil der Kräuterpfarrer der „Kronenzeitung“ die Vorzüge einer Kornblumen-Haarspülung anpreist.

Armes Österreich.

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